„Ich habe noch so viele Träume …“ – Interview mit Julia, die nicht mehr warten kann.

 

#StammzellenfürJulia Julia ist eine ganz normale junge Frau mit einem außergewöhnlichem Schicksal. Ich habe sie vor Kurzem kennengelernt und war sehr beeindruckt von ihr. Aber lest selbst … Und wer keine Zeit zum Lesen hat, schaut sich das Video an 😉  (Klick hier oder auf’s  Bild)

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Sei kein Frosch! Nimm Dir ein Herz und werde Lebensretter!

 

Hallo Julia, Vielen Dank, dass Du bereit bist, meine Fragen zu beantworten. Vielleicht magst Du Dich mal kurz vorstellen?

Guten Tag! Ich heiße Julia Capellino und bin 20 Jahre alt. Ich wohne gemeinsam mit meinen Eltern in einem kleinen Dorf in der Nähe von Singen am Hohentwiel. An der Universität in Konstanz studiere ich Spanisch und Deutsch auf Lehramt. Ich wäre jetzt eigentlich im 2. Semester, dort werde ich dann weitermachen, nachdem ich wieder gesund und fit bin. Meine Freizeit verbringe ich gerne mit meiner Familie und meinen Freunden.

Wohin würdest du gern verreisen, wenn du dir eine Traumreise wünschen dürftest?

Mhmm … wenn ich mir eine Traumreise wünschen dürfte, wäre das Ziel die Malediven. Aber erstmal ist meine Traumreise nach Hause.

 

Lange Reisen sind ja im Moment für Dich nicht möglich. Du hast nämlich vor wenigen Tagen erfahren, dass Du an Leukämie erkrankt bist. Woran hast Du eigentlich gemerkt, dass irgendetwas gesundheitlich nicht in Ordnung war?

Meine Diagnose habe ich vor Anfang April 2017 bekommen. Aufgrund eines Hautausschlags habe ich ein großes Blutbild machen lassen, um zu schauen ob ich eventuell irgendwelche Mängel habe. Am gleichen Tag hat mich abends mein Arzt angerufen und gemeint, dass meine Blutwerte sehr schlecht sind. Dann ging alles sehr schnell: Es wurde dann sofort ein Termin im Krankenhaus zur Knochenmarkpunktion abgemacht. Nach der Untersuchung stand dann die Diagnose „akute Leukämie“ fest. Es war also ein zufälliger Befund, da ich keinerlei Symptome hatte. Ich lebte ganz normal, war jeden Tag unterwegs, dreimal in der Woche im Fitnessstudio, und hatte keine Krankheitszeichen. Es war wohl Glück im Unglück, dass man das so früh erkannt hat.

Quelle pixabay

Anmerkung: Leukämie (übersetzt „Weißblütigkeit“) ist ein Krebs der Blutzellen. Bestimmte Blutzellen vermehren sich sehr stark, sind aber gleichzeitig unreif und deshalb funktionsuntüchtig. Das Immunsystem bricht dadurch völlig zusammen. Akute Leukämien sind am häufigsten bei Kindern und jungen Erwachsenen. Wenn man sie nicht rechtzeitig entdeckt, können sie dramatisch schnell verlaufen und sind lebensbedrohlich. Julia hat eine ganz besondere Form der Leukämie: sie hat ZU WENIGE Blutzellen. Normal wären 4.000 – 10.000/µl – aber sie hat nur noch 200/µl funktionstüchtige weiße Blutzellen. Das ist wirklich DRAMATISCH wenig ☹

Fühlst Du Dich gut betreut von den Ärzten? Wird alles so erklärt, dass Du es gut verstehen kannst?

Ich bin in der Uniklinik in Freiburg und mit den Ärzten mehr als zufrieden. Jeder Arzt auf der Station ist immer gut gelaunt, sympathisch und einfühlsam. Ich bekomme alles erklärt und kann jederzeit nachfragen, wenn irgendwas sein sollte. Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben und weiß, dass ich den Ärzten vertrauen kann.

Wie hat sich Dein Alltag durch die Diagnose verändert? Oder versuchst Du so normal wie möglich weiterzuleben?

Mein Alltag hat sich sehr verändert durch die Diagnose. Ich bin seit 3 Wochen im Krankenhaus und bin für die nächsten Wochen und Monate stationär hier. Aber ich habe immer mein Ziel vor Augen: In ein paar Monaten möchte ich wieder ein ganz normales Leben führen und weiter daran arbeiten, dass ich meinen Traumberuf als Lehrerin irgendwann einmal ausüben kann.

 

Ich kann mir vorstellen, dass diese Diagnose fast so etwas wie ein Verkehrsunfall ist: es kommt aus heiterem Himmel, und auf einmal ist nichts mehr so wie es vorher war. Auf einmal sind ganz andere Dinge wichtig. Hast du das auch festgestellt? Was oder wer ist jetzt am wichtigsten für dich?

Am wichtigsten sind für mich meine Eltern, denn sie sind jederzeit, jeden Tag für mich da. Ich fühle mich nie alleine, denn sie stehen mir immer bei. Wir haben einen sehr guten Familienzusammenhalt und werden das als Team schaffen. Ich weiß, dass es für meine Eltern sehr belastend ist, dass ich an Leukämie erkrankt bin. ABER: Gott schickt nur seine stärksten Krieger in die härtesten Kämpfe. Und ich bin stark! Natürlich bekomme ich von meinen Freunden und meiner Familie die beste Unterstützung, die man sich wünschen kann! Dafür bin ich sehr, sehr dankbar!

Quelle privat

Kannst du unseren LeserInnen kurz erklären, warum du dich für Stammzellspenden einsetzt? Ist denn eine Chemotherapie nicht ausreichend, um die Leukämie zu bekämpfen?

Eine Chemotherapie ist oft ausreichend, um eine Leukämie zu bekämpfen. Leider ist es jedoch in vielen Fällen so, dass man eine Stammzellentransplantation braucht um wirklich geheilt zu werden. Auch ich bin auf eine Stammzellentransplantation angewiesen, um wieder vollständig gesund zu werden. Und selbstverständlich ist das mein Ziel. Deswegen bin ich auf der Suche nach einem passenden Spender. Das ist nicht ganz einfach, denn der Spender muss genetisch zu mir passen. Also versuche ich mit meinen Aufrufen so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Je mehr Menschen sich registrieren, desto größer wird meine Chance – aber das ist nicht alles: In Deutschland erkrankt alle 15 Minuten ein Mensch an Leukämie – Es gibt also viele Betroffene! Und wir sollten alle gemeinsam an einem Strang ziehen! Wir sollten uns gegenseitig helfen, stärken und ermutigen. Wenn ihr euch also registrieren lasst, dann tut ihr das nicht nur für mich, sondern für viele andere. Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr Leben können gerettet werden!

Ich habe den Eindruck, dass Du extrem viel zu tun hast, seit Du Deine Erkrankung öffentlich gemacht hast. Ist das eher anstrengend oder macht das sogar Spaß? Du hast so eine tolle Ausstrahlung! Was gibt Dir Kraft?

Nein, das ist nicht anstrengend. Das mache ich gerne! Kraft geben mir meine Ziele, die ich erreichen möchte. Ich möchte gesund werden und wieder all das machen, was mir schon immer Spaß gemacht hat. Ich möchte wieder Sport machen, studieren, mich mit Freunden treffen, in die Stadt gehen, grillen mit meiner Familie und all die schönen Dinge im Leben genießen!

Und ganz besonders viel Kraft gibt mir die junge Frau, mit der ich im Krankenhaus das Zimmer teile. Da hatte ich richtig Glück! Sie ist 28 und wir verstehen uns super, bauen uns gegenseitig auf und lachen sehr viel! Unsere Familien kennen sich mittlerweile auch schon und wir versuchen alle, das Beste aus der Situation zu machen.

Hast Du schon Menschen kennengelernt, die eine Stammzellspende bekommen haben und gesund wurden?

Ich habe schon eine junge Dame kennengelernt, die eine Stammzellspende bekommen hat und ihr geht es sehr gut! Sie kommt mich öfter hier besuchen und es ist schön zu sehen, wie gut es ihr geht. Das gibt mir Hoffnung!

Möchtest Du unseren LeserInnen sonst noch etwas sagen?

Wenn Ihr meine Geschichte teilt benutzt den Hashtag #StammzellenfürJulia Ich würde mich riesig freuen, wenn sich so viele wie möglich registrieren lassen könnten. Denn nur so können wir alle zusammen den Blutkrebs bekämpfen! Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein ! (Weitere Infos, hier klicken!)

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Liebe Julia, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Dadurch gibst Du vielen Menschen die Chance, diese Krankheit ein wenig besser zu verstehen. Leukämie betrifft ja sehr häufig Kinder und junge Erwachsene. Das ist zwar schlimm, aber andererseits haben junge Menschen viel Kraft, Optimismus und vor allem Humor – sie sind die geborenen Kämpfer und es gibt wirklich erstaunliche Heilungsraten – und genau das möchte ich Dir von ganzem Herzen wünschen: Kraft, Optimismus und Humor – die wichtigsten Gesundmacher, die wir in uns selbst tragen! Und natürlich viele Menschen, die immer für Dich da sind, wenn Du jemanden brauchst.

Ich hoffe, dass wir schon bald wieder von Dir hören!

Nachtrag vom August 2017: wenige Wochen nach diesem Interview fand eine große Typisierungsaktion statt, bei der sich mehr als 2000 Menschen typisieren ließen. Und das Wunder geschah: Julia fand ihren genetischen Zwilling und erhielt eine Knochenmarktransplantation – und nicht nur sie: im Rahmen dieser Kampagne wurden weitere Spender gefunden!

Nachtrag vom November 2017: …. und so geht Julias Geschichte weiter: „Wenn jeder Atemzug nach Zukunft schmeckt“

 

Weiterlesen? Meine Bücher findet Ihr hier.

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5 Kommentare

  1. Ein schönes Interview! 🙂

    Ich wünsche Julia alles Gute und hoffe, sie findet einen Spender; selber hatte ich einfach nur Schwein, dass meine Leukämie im Kindesalter ohne Spende geheilt werden konnte.
    Nichtsdestotrotz nerve ich immer meine Freunde, damit sich alle bei der DKMS registrieren lassen – es werden immer Spender gebraucht.

    Liebe Grüße
    Silja

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    1. Liebe Silja, vielen herzlichen Dank für deine ermutigenden Worte, die ich gern an Julia weitergebe. Wir werden hier weiter berichten und freuen uns über die Weiterverbreitung des Hashtags #StammzellenfürJulia in den sozialen Netzwerken!

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