Die Mundart-Mischmaschine 6

Küssen Musen im Schwarzwald besser?

Ich hatte ja versprochen, dass ich euch bei diesem Buch ein wenig mitnehme im Schreibprozess – was auch für mich eine ungewohnte Situation ist; normalerweise schreibe ich nämlich ziemlich eigenbrötlerisch so vor mich hin … Aber wenn man drei Monate in Klausur geht, kann das eine ziemlich einsame Angelegenheit sein, und so freut man sich außerordentlich über Motivation und Kontakt. Ja klar, Django unterstützt mich sehr (wie ihr seht, erledigt er im Büro sogar brav Papierkram; will sagen: Papiertaschentücher 😉 ).

temporär (3)

Aber auch Eure virtuelle Gesellschaft motiviert mich unglaublich, und ich fühle mich gleich viel weniger einsam 😀

Wie stehen die Dinge? Heute habe ich mal ein bisschen Statistik gemacht. In der letzten Schreibwoche habe ich pro Tag im Schnitt 1.500 Wörter geschafft. Das würde noch nicht reichen fürs #Novemberschreiben (da versuchen AutorInnen innerhalb eines Monats einen Roman mit mindestens 50.000 Wörtern zu schreiben). Aber für meine Verhältnisse ist das dennoch eine ziemlich ungeheuerliche Zahl. Ich bin nämlich normalerweise eine eher langsame Schreiberin.

Was ist passiert? Küssen die Musen im Schwarzwald besonders gut?

Ist es ein Wunder?

Oder sind es irgendwelche Pilze, die ich im finsteren Wald pflücke, und die zu einer ungeahnten Bewusstseinserweiterung geführt haben?

Ich muss euch enttäuschen – oder beruhigen (je nachdem, wie man es sieht).

Das Zauberwort ist eigentlich ganz einfach: Vorbereitung.

Es war nämlich noch nie mein Ziel einfach „Masse“ zu produzieren und dabei irgendwelche abstrakten Schreibrekorde zu brechen.

Um ehrlich zu sein: Ich arbeite an diesem Buch schon seit zwei Jahren, habe viel recherchiert und zum Beispiel sehr viel Zeit zum in meine Figurenbiographien gesteckt. Ich weiß Dinge über die Eltern und Großeltern meiner Protagonisten, die nie im Buch auftauchen werden. (Ha! Ein paar Geheimnisse muss ich ja auch noch haben!)

Viele Szenen, Dialoge und teilweise ganze Textpassagen habe ich bereits geschrieben. Der Stapel dieser Texte beträgt mittlerweile über 200 Seiten. Dies alles ist quasi der „Steinbruch“, aus dem ich dann die endgültigen Texte herausnehme, um sie nun weiterzuverwenden.

Dann kommt aber viel Um- und Neuschreiben hinzu. Manchmal sind die Dinge nicht logisch, oder eine meiner Figuren will partout in eine andere Richtung, als ich es vorhatte (wie schon im Beitrag über die „Untermieter im Oberstübchen“ beschrieben) – und dann müssen wir (ich, meine Figur und Django) wieder sehr lange im Wald spaziergehen, bis wir uns einig sind (manchmal begenen wir dann einem Monster … Ja, ja, ich weiß – zu viel Phantasie …)

Hinzu kommt ein Plot, der es in sich hat. Beim Entwerfen meiner Romanstruktur, hatte ich zeitweise hohen Puls und einen deutlich erhöhten Blutdruck, weil die Story nämlich tatsächlich sehr, sehr spannend ist … (ich will mich nicht loben, aber das dürfte eines meiner spannendsten Bücher werden).

schrank mit plot
Jedes Kapitel eine Karte. Und der Schrank ist geduldig …

Wenn ich den bereits geschrieben Text auf zwei Jahre Schreibzeit umrechne, na sagen wir mal 90 Wochen, sieht die Bilanz ganz anders (nämlich ernüchternd) aus: ca. 350 Wörter pro Tag. Also bin ich doch eine langsame Schreiberin ;-). Und für das Novemberschreiben einfach ungeeignet.

Aber da ist etwas ganz Entscheidendes, das mich beim Schreiben momentan antreibt: Dankbarkeit. Dankbarkeit für diese kostbare Zeit und den Raum, der mir geschenkt wurde – und der sich nun mit Kreativität füllt. Ich konnte noch nie im „luftleeren Raum“ schreiben. alle meine Geschichten haben in irgendeiner Weise dirket mit meinem Leben zu tun – mit den Orten, an denen ich lebte, zu denen ich reiste, Menschen, denen ich begegnete … Deshalb empfinde ich tiefe Dankbarkeit für die vielen, meist jungen Menschen, aus aller Herren Länder, die mir ihre Geschichten und ihre Erfahrungen, die sie in Deutschland machten, anvertrauten, welche nun in diesem Buch ihren Platz finden. Ihnen widme ich diesen Roman. Es sind schöne und hässliche Geschichten, schmerzvolle und solche, von mitreißendem Optimismus. Aufbruch, Neubeginn, Sackgassen und tödliche Irrwege. Alles ist vorhanden – und es ist so faszinierend, dass ich wirklich kaum aufhören kann dies alles aufzuschreiben.

Aber jetzt mache ich Feierabend!

 

 

 

 

 

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